22.12.2014
Serie Bodenarbeit Teil III: "Ab ins Kompliment"
So erlernt Ihr Pferd sich zu verbeugen
Es ist der krönende Abschluss fast jeder Showeinlage: Das Pferd verbeugt sich, mit oder ohne Reiter im Sattel, vor dem applaudierenden Publikum. Es sieht so einfach aus, als ob ein Fingerzeig genügt und das Pferd „mal eben“ ins Kompliment gleitet. Ganz so leicht funktioniert es aber nicht. Einiges an Vorarbeit war vonnöten, um das Pferd mental und körperlich auf die Zirkuslektion vorzubereiten.
In den ersten beiden Teilen der ReitZeit-Bodenarbeitsserie mit FN-Ausbilderin Rabea Schmale hat Ihr Pferd gelernt, sich an die Hilfsmittel zu gewöhnen, die entsprechende Körperpartien zu dehnen und die richtige Position einzunehmen, um die Verbeugung gesundheitsschonend beigebracht zu bekommen.
Ihr Pferd ist nun also durch Dehnen und Stellen gymnastiziert und hat gelernt aufs Touchieren die Hinterbeine herauszustellen und das Vorderbein zu heben. „Diese Vorübungen müssen unbedingt sitzen, bevor zum ersten Mal ein Kompliment versucht wird“, betont Rabea Schmale. Neben dem Herausstellen der Hinterbeine ist das „nach hinten wiegen“ eine weitere wichtige Voraussetzung. Dafür lernt das Pferd zunächst das Rückwärtstreten. Der Reiter fordert es mit leichten Paraden dazu auf, vor ihm zu weichen. Diese Übung ist wichtig, da das Pferd, wenn das linke Vorderbein angehoben ist, mit den anderen drei Beinen rückwärts schreiten muss, um so ins Kompliment gleiten zu können.
Rabea Schmale erklärt: „Manche Pferde verbeugen sich schon, wenn man nur mit dem Touchieren des Vorderbeins beginnt.“ Den meisten jedoch kann ein weiteres Hilfsmittel den Weg erleichtern: die Beinlonge. Dafür wird die Schlaufe um die Fessel des linken Vorderbeins gelegt. „Wir beginnen mit leichten Zupfübungen“, erklärt Schmale. „Ziel ist es, dass das Pferd das Bein bei jeglichem Zug der Beinlonge stehen lässt. Es darf das Bein nur anheben, wenn es mit der Gerte touchiert wird.“ In der Regel dauert es eine Weile, bis das Pferd das verstanden hat. Sitzt die Übung, wird die Beinlonge, mit der das Pferd vorher durch Abstreichen bekannt gemacht wurde, über den Rücken gelegt. Nun folgt das bereits erlernte Touchieren des linken Vorderbeins. Sobald es hochgenommen wird, hält der Reiter es mit der Beinlonge oben. „Sie sollen nur auf das Anticken der Gerte reagieren. Die Beinlonge soll lediglich eine Balancehilfe sein. Wichtig ist, dass das Pferd das Gewicht dann auf die anderen drei Beine verteilt und sich nicht auf das Bein, das jetzt durch die Longe gehalten wird, stemmt“, sagt Schmale. Die linke Hand wird von der Beinlonge gelöst, sie muss jetzt frei sein, um am Führstrick zu bleiben und dem Pferd den Weg nach unten zu erleichtern. „Das klappt am besten mit einem Leckerli“, ist Schmales Tipp. Der Reiter steht nun seitlich in Höhe des Kopfes. Ziel ist es, dass das Pferd aus der Position – die Hinterbeine herausgestellt, das Vorderbein angehoben, mit den anderen Beinen rückwärts schreitet, bis das linke Vorderbein den Boden berührt. „Jede kleinste Reaktion wird sofort belohnt“, sagt Schmale. „Das wiederhole ich so lange, bis das Pferd komplett ins Kompliment gleitet.“
Wenn es mit der Beinlonge sicher klappt und das Pferd die Übung verstanden hat, kann sie ohne Beinlonge probiert werden.
„Wenn das Pferd erst einmal den Dreh heraus hat, geht es plötzlich ganz einfach“, sagt Schmale. „Dann wissen sie auch, dass das Touchieren des Vorderbeins gleichzeitig bedeutet, dass sie mit den anderen Beinen zurückschreiten sollen.“ Wichtig ist, dass das Pferd das linke Vorderbein komplett durchstreckt – ist es gekrümmt oder zittert, weiß der Reiter, dass das Pferd noch Dehnungsprobleme hat. „Manche Pferde entziehen sich dem Kompliment dann, indem sie sich gleich hinlegen“, erklärt die Trainerin. „Ich würde dann einfach weiter am dem Rückwärtswiegen bei angewinkeltem Vorderbein weiterüben und dem Pferd überlassen, wie weit es zurückgehen mag.“ Irgendwann klappt die Übung auch bei den Kandidaten, die zunächst Probleme hatten, und das Pferd beherrscht seine erste richtige Zirkuslektion.
Rabea Schmale...
…bildet Pferde aller Rassen in der klassischen Dressur bis zur hohen Schule aus. Die Mindenerin wurde durch ihre Showreitschule bekannt, mit der sie bereits auf allen großen deutschen Pferdemessen Gastauftritte hatte. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Ausbildung an der Hand, später werden die Zirkuslektionen in den Sattel übertragen.Weitere Infos unter www.showreiter.de
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Autor: Andrea Zachrau
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