23.05.2017

Der ist nicht dick, sondern plüschig!

Das erste Halbjahr ist schon bald vorüber – höchste Zeit, die guten Vorsätze zu überprüfen. Ganz oben auf der Beliebtheitsskala steht wohl ‚Abnehmen‘ – dass wir diesen Vorsatz getrost meist schon eine Woche später über Bord werfen, ist auch nichts Neues – Sommer ist ja noch so lange hin, da haben wir noch genug Zeit für den Bikini-Body zu trainieren…Über die gesundheitlichen Probleme sind wir uns mehr oder weniger bewusst, unseren Tieren ist das aber überhaupt nicht bewusst und so fressen sie all das, was wir ihnen geben. Die stört das aber auch gar nicht, dass sie dick sind. Wir kaufen uns dann entweder eine neue Hose oder machen Diät, unseren Pferden kaufen wir höchstens einen neuen Sattelgurt. Am Wochenende habe ich erst wieder einen Beagle gesehen, dessen Bauch beim Treppen laufen ungelogen die Stufen berührt hat. ‚Die gucken halt immer so süß‘ ist eigentlich die gängigste Aussage. Vor allem Pferde und Ponys können so unfassbar süß gucken, dass wir ihnen fast glauben, am nahenden Hungertod zu sterben – auch wenn sie sich schon eher kullern als laufen.

In wohl jedem Stall stehen ein paar Pferde und Ponys, von denen wir mit Fug und Recht behaupten können, dass sie fett sind. Dass das nun auch für ein Pferd nicht gesund ist, weiß wohl auch der Großteil aller Pferdebesitzer und trotzdem stopfen wir sie weiterhin voll mit Leckerchen und Zusatzfutter. Wehe dem, der den Besitzer jetzt mal auf sein eindeutig zu dickes Pony anspricht, der bekommt nämlich prompt ein ‚dein Pferd ist auch dick‘ zurück geschmettert. Fast so argumentativ, wie die Debatten in der Grundschule zwischen den Kindern:

Random Kind 1: ‚Du bist blöd!‘                                       

Random Kind 2: ‚Du bist viel blöder!‘

Auch, wenn ich das andere Kind eigentlich gar nicht blöd finde und das Pferd des Anderen auch eigentlich nicht dick ist, bekommen wir trotzdem immer solche Gegenantworten. In manchen Fällen wird aber auch darauf bestanden, das vermeintlich dicke Pony nicht als dick zu betrachten, sondern eher als übermäßig plüschig.

Die Annahme, jedes Pferd braucht Müsli oder Kraftfutter und etliche Präparate, die das Fell schöner, die Muskeln größer oder die Kondition besser machen, ist schlichtweg falsch beziehungsweise nicht zu pauschalisieren. Ein durchschnittlicher, gesunder Warmblüter, der die meiste Zeit eigentlich irgendwo auf der Wiese rumsteht, braucht genauso wenig Zusatzfutter, wie ein Shetty, das nur rumsteht. Umgekehrt benötigt aber ein Shetty, das fünfmal die Woche im Schulunterricht läuft, proportional gesehen wohl doch mehr Futter, als der oben genannte Warmblüter.

Wir müssen endlich wegkommen vom ewigen Schubladen denken: ‚Ponys sind alle dick‘, ‚Haflinger sind Gewichtsträger‘, ‚Tinker können nicht galoppieren‘ und ‚Vollblüter sind alle bekloppt‘. Jedes Pferd ist anders und darauf sollte sich jeder Pferdehalter einstellen, dabei helfen auch keine Facebookgruppen, die dir verklickern, dass dein 130cm Pony ohne Probleme einen 100 Kilogramm Menschen tragen kann.  Im Notfall muss eben die Pferdewaage in regelmäßigen Abständen bestellt werden, um das Gewicht des Ponys oder des Pferdes im Auge zu behalten. Unterernährung ist dabei wohl genauso fatal, wie Übergewicht – Pferde sind schließlich Lauftiere und somit angewiesen auf ihren Bewegungsapparat. Zukünftig das Pony lieber streicheln und bekuscheln, wenn es mal wieder so süß guckt und die Fütterung der tatsächlichen Bewegung und des Bedarfs anpassen. Und wenn doch Zusatzfutter nötig ist, merkt euch immer: Muskelaufbaupräparate helfen nur, wenn das Pferd auch dementsprechend bewegt wird.

Eure Lorella