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Foto: Zachrau

20.05.2017

Endlich Weidezeit

Mit dem Frühjahr beginnt für viele Pferde die schönste Zeit des Jahres: die Weidezeit. Doch Weidetor auf, Pferde rauf und alles ist gut, funktioniert nicht. Vor Beginn der Weidesaison gilt es, die Wiese entsprechend vorzubereiten. Anschließend muss außerdem die Fütterung im Blick behalten werden – Gras kann nämlich auch krank machen.

Auch wenn viele Pferdebesitzer Bauchweh bekommen, wenn sie an die bevorstehende Weidezeit und die damit verbundenen Risiken wie Verletzungen des Bewegungsapparates, Hufrehe und Koliken denken, ist Weidezeit doch das Beste, was sie ihren Pferden bieten können. Pferde waren einst Steppentiere und haben ihre Fähigkeit und ihr Bedürfnis, auf Grasland zu leben, auch als Haustiere nicht verloren. Im Gegenteil: Die Weidezeit kommt den Grundbedürfnissen des Pferdes am nächsten, denn die Pferde sind in Gemeinschaft ihrer Artgenossen und haben Futter, Bewegung und Ruhe.

Bevor die Tiere jedoch auf das saftige Grün gelassen werden können, sind einige Pflegemaßnahmen notwendig.

Weidepflege: So geht‘s

Mit der Weidepflege sollten sich Pferde- und Stallbesitzer das ganze Jahr über beschäftigen. Startschuss ist das Frühjahr, wo die Wiesen abgeschleppt, gewalzt  und in der Regel auch gedüngt werden. Später stehen das regelmäßige Absammeln von Kot, das Entfernen von Unkraut und Giftpflanzen und das Nachsähen von Weidesaat an. Letzteres ist vor allem im Zeitraum März/April und Juli/August zu empfehlen.

Durch das Abschleppen der Weide werden Unebeneinheiten geebnet, Maulwurfshügel plattgemacht, Rückstände von Pferdekot verteilt und abgestorbene Narbenteile gelöst. Durch das anschließende Walzen wird der Bodenschluss wiederhergestellt, was das Pflanzenwachstum fördert. Auch verbessert das Walzen die Tragfähigkeit der Narbe. Ob und wie oft eine Wiese gewalzt werden muss, ist unterschiedlich. Das Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung empfiehlt beispielsweise Niedermoorgrünland in jedem Frühjahr zu walzen, Grünland auf Mineralboden nur nach Bedarf.

Auch dem Thema Düngung sollte im Frühjahr große Aufmerksamkeit geschenkt werden. Der Nährstoffgehalt des Bodens ist ausschlaggebend für die Qualität des Grases und die Artenzusammensetzung einer Weide. Wichtigste Bestandteile einer guten Weide sind beispielsweise Gräser, Klee und Kräuter. Was auf einer Wiese wächst, ist regional unterschiedlich und abhängig von der Art des Bodens, dem Grundwasserstand, dem Klima, der Pflege und der Nutzung. Auf einer Weide in der Heideregion, wo der Boden häufig sandig ist, lassen sich beispielsweise ganz andere Pflanzen entdecken, als auf einem fetten Börde-Boden.

Nährstoffmängel erkennen

Doch woran lässt sich erkennen, ob eine Wiese gut ist, oder nicht? Hier stellen einige Pflanzenarten ein wichtiges Indiz dar, indem sie Mängel aufzeigen. Weist eine Weide einen Nährstoffmangel auf, sind unter anderem folgende Pflanzen stark vertreten: Schafschwingel, Borstgras, weiches Honiggras, Enzian, Steinbrech, Ginster, Silberdistel und rauer Löwenzahn. Auf einem kalkarmen Boden sind vor allem Schafschwingel, kleiner Sauerampfer, Heidekraut, Wollgras, Borstelgras, Ginster und Arnika zu finden, während Esparsette, Pastinak, Sichelluzerne, Wiesensalbei und Gelbklee auf eine basische Bodenreaktion, also auf eine gute Kalkversorgung, hinweisen.

Treten diese Pflanzenarten vermehrt auf, muss mit einer entsprechenden Düngung des Bodens gegengesteuert werden – vorausgesetzt, die Wiese soll als Nahrungsquelle dienen. Bei reinen Bewegungsflächen muss hier weniger Rücksicht drauf genommen werden. In diesem Fall ist es nur wichtig, die Weide frei von Giftpflanzen zu halten.

Um den Boden optimal zu düngen, ist eine regelmäßige Bodenuntersuchung empfehlenswert, die etwa alle drei Jahre durchgeführt werden sollte. Hierzu kann eine Bodenprobe zur Lufa geschickt werden, die den Boden auswertet und anschließend eine individuelle Düngeempfehlung abgibt. So können die exakten und notwendigen Mengen der Grundnährstoffe Phosphor, Kalium, Magnesium und Kalk aufgebracht werden.

Giftpflanzen erkennen

Nicht nur vor der Weidesaison ist die Pflege der Grünflächen unersetzlich, sondern auch währenddessen. So sollte regelmäßig überprüft werden, ob sich Giftpflanzen ausbreiten. Pferdehufe – und insbesondere beschlagene Hufe – sowie der Verbiss der Pferde sorgen für Löcher in der Grasnarbe. Werden diese Lücken nicht rechtzeitig gesehen und mit Weidesaat aufgefüllt, lassen sich gerne ungebetene Pflanzen wie Ampfer oder Giftpflanzen wie Jacobskreuzkraut und Herbstzeitlose nieder. Insbesondere Jacobskreuzkraut stellt eine zunehmende Gefahr dar, denn es verbreitet sich sehr schnell. Jacobskreuzkraut ist aufgrund des Alkaloidgehaltes sehr giftig und Pferde reagieren sehr empfindlich. Um vorbeugend zu verhindern, dass sich die Giftpflanze ausbreitet, sollte stets auf eine dichte Grasnarbe geachtet werden. Treten doch vereinzelt Pflanzen auf, sollten sie mit ihrer Wurzel ausgestochen werden.

Und auch das regelmäßige Absammeln von Pferdekot gehört zu einer guten Weidepflege dazu. Und das aus zwei Gründen: Zum Einen reduziert das Absammeln der Pferdeäppel den Wurmdruck enorm. Pferde scheiden nämlich zusammen mit ihrem Kot auch Wurmeier und -larven aus, die im Darm leben. Diese setzen sich auf die Pflanzen und werden von den Pferden erneut aufgenommen. Vor allem nach der Gabe einer Wurmkur muss der Pferdekot zwingend entfernt werden. Ebenfalls nicht zu empfehlen ist das Abschleppen einer Weide, auf der noch alte Pferdeäppel liegen, weil dadurch die Gefahr einer Infizierung mit Parasiten steigt. Zum anderen entstehen dort, wo Pferde vermehrt ihren Kot ablegen, sogenannte Geilstellen. Pferde fressen dort nicht mehr, der Boden übersäuert aufgrund des vermehrten Kots und Brennesseln oder Ampfer machen sich breit.

Vor Verbiss schützen

Neben der regelmäßigen Pflege ist auch eine schonende Weideführung unersetzlich. Schonend bedeutet, dass die Pferde im Frühjahr nicht zu früh auf das frische, junge Grün kommen. Die Pflanzen brauchen eine gewisse Größe, um dem Verbiss der Pferde widerstehen zu können. Im Herbst sollten die Tiere außerdem nicht zu spät von der Wiese geholt werden, weil abgefressene Weiden mehr Ruhezeit benötigen, um sich auf das nächste Frühjahr vorzubereiten.

Während der Weidesaison sollte den vorhandenen Weideflächen außerdem immer wieder Zeit zum Nachwachsen und Erholen gegeben werden. Empfehlenswert sind drei bis sieben Wochen. Dies ist möglich, indem es entweder viele verschiedene Weiden gibt, die nacheinander beweidet werden, oder indem die vorhandene Grünfläche in verschiedene Bereiche eingeteilt wird. Auch Steckwiese ist sinnvoll. Hierbei werden zwei Zwischenzäune gesetzt, die täglich oder alle paar Tage weitergesteckt werden. So erhalten die Tiere stets neues Gras, während sich der abgefressene Bereich schnell wieder erholen kann.

Der Wechsel der Weidefläche kann außerdem genutzt werden, um alles Stehengebliebene zu mähen. So hat das neue Gras bessere Chancen, schnell und gleichmäßig nachzuwachsen.

Weidezäune kontrollieren

Neben der Bodenpflege sind auch die Zäune fester Bestandteil des Weidemanagements. Diese müssen vor dem Weidestart und währenddessen kontrolliert werden, weil nur bei intakten Zäunen die Hütesicherheit gegeben ist. Ist die Weide abgegrast, verstärkt sich der Wandertrieb der Pferde und nicht jeder Zaun hält dabei stand.

Beim Zaunbau gilt es einiges zu beachten: So dürfen feste Zäune im Außenbereich nur von Landwirten aufgestellt werden. Und in Natur- und Landschaftsschutzgebieten darf nur während der Weidesaison ein mobiler Zaun aufgestellt werden. Außerdem sollte die Höhe der Litze der Pferdegröße angepasst werden. Dabei gilt bei Kleinpferden und Ponys eine Empfehlung von 120 cm, 75 cm und 45 cm, bei Großpferden sollten die Litzen eine Höhe von 140 cm, 95 cm und 50 cm haben. Teilen sich Großpferde und Ponys die Wiese, muss der Zaun den Größen entsprechend gebaut werden.

Stacheldraht als alleiniger Zaun ist verboten. Gerät ein Pferd in Panik, stellt Stacheldraht ein erhebliches Verletzungsrisiko dar. Deswegen muss diese Art von Zaun durch deutlich sichtbare Stromlitzen gesichert werden. Dazu ist ein innen verlaufender Zaun mit rund 50 Zentimetern Abstand angeraten. Litzen die zwischen dem Stacheldraht verlaufen, haben aus Sicht des Tierschutzes keinen Bestand vor Gericht.

Richtig Anweiden

Bevor es für die Pferde für längere Zeit auf die Weide geht, müssen sie angeweidet und auf das neue Futter vorbereitet werden. Andernfalls kann die Futterumstellung zu Magen-Darm-Störungen führen. Während der Wintermonate hat sich der Pferdedarm auf die Fütterung von trockenem Raufutter eingestellt. Deswegen existieren zwar viele Darmbakterien, die das trockene Raufutter abbauen können, Darmbakterien für frisches Gras fehlen dagegen. Die Bildung dieser Bakterien braucht Zeit – aus diesem Grund ist es wichtig, dass die Pferde langsam angeweidet und an das frische Futter gewöhnt werden. Passiert dies nicht, können Koliken, Durchfall, Kotwasser und im schlimmsten Fall sogar Stoffwechselerkrankungen wie Hufrehe entstehen. Deswegen sollten Pferdebesitzer ihre Tiere langsam an das neue Futter gewöhnen – angefangen bei fünf Minuten, kann es täglich um einige Minuten gesteigert werden, bis nach zwei Wochen etwa eine halbe Stunde erreicht wurde. Anschließend kann die Weidezeit im Zehn- oder Fünfzehnminutentakt gesteigert werden. In Ställen, wo die Einsteller selbst für das Anweiden ihrer Pferde zuständig sind, ist es wichtig, dass sie vom Stallbesitzer rechtzeitig einen verbindlichen Termin an die Hand bekommen, wann die Weidezeit beginnen soll. Nur so können sie ihre Tiere ausreichend auf das neue Futter vorbereiten.

Doch auch bei einem vorsichtigen Anweiden kann frische Gras im Frühjahr den Stoffwechsel eines jeden Pferdes belasten kann. Davon sind vor allem die Entgiftungsorgane Leber und Niere betroffen. Ein tpyisches Anzeichen für einen überlasteten Stoffwechsel sind zum Beispiel angelaufene Beine. Um Niere und Leber zu unterstützen, können parallel zum Start der Weidesaison spezielle Kräuter gefüttert werden.

Hilfreich ist es außerdem, die Pferde während der ersten Zeit nicht mit leerem Magen auf die Wiese gehen zu lassen. Wer vorher ausreichend Heu füttert, der verhindert, dass sich die hungrigen Pferde gierig auf das frische grüne Gras stürzen. 

Stoffwechselerkrankungen beachten

Besonders bei stoffwechselerkrankten Pferde mit Hufrehe, Cushing oder EMS sollte ein besonderes Augenmerk auf das Anweiden gelegt werden.

Kann Gras nicht wachsen, speichert es die Energie, die durch Photosynthese gebildet wird, in Form von Fruktan. Fruktan steht im Verdacht, die oben genannten Stoffwechselerkrankungen zu begünstigen. Nimmt ein Pferd zu viel Fruchtzucker auf, übersäuert das Darmmilieu und die nützlichen Darmbakterien sterben ab. Dabei werden Giftstoffe freigesetzt, die vom Blut aufgenommen werden und als Folge unter anderem Hufrehe auslösen können. Bereits 7,5 Gramm Fruktan pro Kilogramm Körpergewicht gilt nach wissenschaftlichen Erkenntnissen als Auslöser klinischer Hufrehe. Dies ist bei ungebremster Futteraufnahme oder wenn Pflanzen unter Stress stehen, durchaus zu erreichen, wenn ein Pferd ungebremst den ganzen Tag fruktanreiches Gras fressen kann.

Der Fruktanmenge, die ein Pferd tatsächlich aufnimmt, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Einer davon ist die Grassorte. So enthält beispielsweise das Weidelgras sehr viel Fruktan, während dagegen Knaulgras, Wiesenlieschgras, Rotschwingel und Wiesenfuchsschwanz zu den fruktanarmen Grassorten zählen. Auch das Wetter spielt eine wichtige Rolle. Sobald eine Pflanze gewachsen ist und Blüten oder Samen gebildet hat, nimmt der Fruktangehalt ab. Auch steigende Temperaturen sorgen für eine Abnahme des Fruktangehaltes. Je kälter die Tage sind, desto mehr Fruktan wird gespeichert. Besonders gefährlich sind bei allen Grassorten kalte und sonnige Tage: Durch den Frost kann das Gras nicht wachsen, es ist zu kalt. Die Sonne dagegen sorgt für Photosynthese und lässt somit Energie entstehen, die eingespeichert wird. Daraus wird Fruktan. Gleiches gilt übrigens, wenn es lange trocken ist. Herrscht Wassermangel, kann das Gras die vorhandene Energie nicht ins Wachstum stecken, sondern speichert diese für bessere Zeiten.

Ideales (An-)Weidewetter somit bewölkte und milde Tage.

Was viele nicht wissen: Eine kurzgefressene Weide ist keineswegs für stoffwechselerkrankte Pferde geeignet. Denn auch wenn es auf den ersten Blick so scheint, als sei dort nicht viel zu holen, so trügt dieses Bild. Kurzes Gras ist in der Regel höchst gestresst und hat entsprechend einen hohen Fruktan- und zusätzlich einen hohen Eiweißgehalt.

Übergewicht: Weideverbot?

Stoffwechselkrankheiten und Übergewicht sind in vielen Pferdeställen weit verbreitet. Doch statt auf die wichtige Weidezeit zu verzichten, sollten Pferdebesitzer lieber über alternative Lösungen nachdenken. So wäre ein zeitlich begrenzter Weidegang sinnvoll oder die Verwendung von Maulkörben und Fressbremsen.

Über die Vor- und Nachteile zeitlich begrenzter Weidezeit wird rege diskutiert. Für viele Pferdebesitzer stellt dies die einzige Möglichtkeit dar, ihren bereits übergewichtigen und erkrankten Tieren Weide zu bieten. Jedoch zeigen Studien, dass Pferde, die nur kurze Zeit auf der Wiese stehen, besonders schnell und ohne Unterbrechung fressen und am Ende mehr aufnehmen, als Pferde, die länger auf der Weide stehen und sich zwischendurch Zeit zum Schlafen nehmen.

Mit einer Fressbremse kann das Pferd auch längere Zeit gemeinsam mit seiner Herde auf die Weide stehen und seine Freiheit genießen. So bleibt der Herdenverband stabil und der Aufwand für den Stallbesitzer überschaubar. Die Fressbremse sorgt dafür, dass das Pferd weniger Gras aufnehmen kann. Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass für Pferde mit einem Maulkorb ein extra Wassereimer zur Verfügung gestellt werden muss, weil viele Selbsttränken nicht mit Fressbremse bedient werden können. Sollte das Pferd zu denen gehören, die sich auch die bestbefestigste Fressbremse ausziehen, kann es leicht passieren, dass das Pferd doch unkontrolliert viel Gras fressen und krank werden kann. Hier muss also immer ein Auge drauf gehabt werden.

Karolina Kardel

Den kompletten Text lesen Sie in der Ausgabe 2/2015.

Autor: Andrea Zachrau

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