13.05.2015
Ausbildungsserie Teil 1: Arbeit an der Hand mit Richard Hinrichs
Von Vertrauen und leichten Hilfen
Jedes Haus braucht ein gutes Fundament. Ganz ähnlich sieht es in der Pferdeausbildung aus: Stimmt die Vorarbeit nicht, kommt es in der weiteren Arbeit schnell zu Missverständnissen. Daher gibt es mit dieser Ausgabe eine neue Serie in der ReitZeit: In „Die Schulung des Pferdes an der Hand“ erklärt Richard Hinrichs, Vorsitzender des Bundesverbandes für klassisch-barocke Reiterei, wie es vom Boden aus auf die Arbeit unterm Sattel vorbereitet werden kann.
Vertrauen, Gehorsam und Gleichgewicht lauten die Schlüsselwörter im ersten Teil unserer Ausbildungsserie. „All das sind zentrale Aspekte der klassischen Reiterei“, sagt Ausbilder und Buchautor Richard Hinrichs, der im niedersächsischen Fuhrberg beheimatet ist. In seiner Arbeit mit dem Pferd richtet er sich nach der „Mutter der Deutschen Reitlehre“, der Reitvorschrift des Deutschen Heeres von 1912 (kurz: H.Dv.12), lässt aber gleichzeitig eigene Erfahrungen und Erkenntnisse in die Ausbildung einfließen.
In der H.Dv.12 wird großen Wert auf den korrekten Umgang mit dem Partner Pferd, seine klassische und gesundheitsschonende Ausbildung und damit auch die Verwendung feiner Hilfen gelegt. „Die tragende Idee des Reglements ist die freie Vorwärtsbewegung“, sagt Richard Hinrichs. „Im ersten Jahr wird die Schubkraft entwickelt, im zweiten die Tragkraft. Eine durchaus vernünftige Reihenfolge, denn wer die Richtung bestimmen möchte, muss zunächst Fahrt aufnehmen.“ Will heißen: Das Pferd soll zunächst freudig vorwärts gehen, bevor es sich versammeln kann.
Die H.Dv.12 als Vorbild
Tatsächlich galt die Heeresdienstvorschrift in der Nachkriegszeit als Grundlage für die Erarbeitung der Richtlinien Reiten und Fahren der Deutsche Reiterliche Vereinigung. Und auch in der Gymnastizierung der heutigen Reitpferde sind vermehrt barocke Akzente zu finden: „Immer häufiger werden weiterführende Lektionen nicht mehr nur unterm Sattel, sondern vor allem auch in der gewichtslosen Arbeit an der Hand vorbereitet“, hat Hinrichs festgestellt. Das war auch ein zentrales Thema in den Ausbildungsvorschriften von 1912. Schon die barocke Reiterei des 17. und 18. Jahrhunderts bedient sich nicht nur der Arbeit an der Longe und an der Hand, sondern beinhaltete auch Übungen in den Pilaren und am langen Zügel. „Die gewichtslose Arbeit hat den Vorteil, dass man den Ausdruck und die Mimik des Pferdes viel besser beurteilen kann“, erklärt der klassisch-Barock-Trainer. „Sie bereitet das Pferd auf die Arbeit unter dem Reiter vor und erleichtert sie ihm.“
Zentraler Punkt für die Ausbildung des Pferdes ist die Tatsache, dass es dem Menschen vertraut. Das kann optimalerweise vom Boden aus erreicht und vorbereitet werden. Dabei geht es durchaus auch um den Sicherheitsaspekt, der beim Fluchttier Pferd nicht zu vernachlässigen ist: „Nur ein vertrauensvoll arbeitendes Pferd wird in jeder Situation gehorsam bleiben“, ist Richard Hinrichs überzeugt. „Wenn der Mensch souverän bleibt, folgt es ihm auch in potenziell angsteinflößenden Momenten.“
ZUR PERSON
Richard Hinrichs wurde reiterlich durch seine Eltern und deren Verbindung zur Spanischen Hofreitschule geprägt. Zu seinen Lehrmeistern gehörten Egon von Neindorff und Artur Kottas-Heldenberg, ehemaliger erster Oberbereiter der Wiener Hofreitschule, sowie Professor Kurt Albrecht, ehemals Leiter der Hofreitschule. Heute gilt er als einer der renommiertesten Ausbilder im Bereich der klassisch-barocken Reiterei und ist Vorsitzender des Bundesverbandes. Weitere Infos zu Richard Hinrichs und dem Bundesverband für klassisch-barocke Reiterei gibt es unter www.bfkbr.de.
Autor: Andrea Zachrau
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